Obacht
noch hast Du Obdach
behütet bist Du
nicht nur sondern
bedacht
Guten Abend,
gute Nacht!
“Alles meine Freunde”
gröhlt der
Obdachlose
durch die S-Bahn
und manche
horchen auf.
Seine Flasche
ist ihm an
die Mundwinkel
angewachsen.
Auch wenn
er sie verzieht.
Kommt dieses
Verziehen hier
von Verzeihen?
Habe ich Bildung
Habe ich Aus
Wen kann ich
damit angraben?
Wer fährt mit mir
in den Graben?
Spreche ich
nach oben
spreche ich
nach unten?
In den Villen
hungern sie sich
elegant zu Tode.
Ganz unten
sind sie so
dick und aufgetragen
Der Paketbote
hat wie immer
das schwerste Päckchen
zu tragen.
Darf ich
noch was
sagen?
Im Herbst 2023 war Lyrikerin Julia Mantel als Stipendiatin im Programm »Land in Sicht: Autoren*innenresidenzen im ländlichen Raum» des Hessischen Literaturrats e.V. zu Gast in Lorch am Rhein. Hier verfasste sie u.a. zehn Gedichte, die zusammen mit Fotografien - die ebenfalls in dieser Zeit entstanden sind - in der Broschüre »HORCHDOCHLORCH» veröffentlicht wurden.
Julia Mantel wird eine Auswahl ihrer Gedichte lesen und im Gespräch mit Anne Harres (Hessischer Literaturrat e.V.) Auskunft über ihre Texte und Zeit vor Ort geben.
Julia Mantel, geboren 1974, lebt in Frankfurt am Main. Sie ist Lyrikerin, Strickkünstlerin, Sprecherin und ansonsten Allroundjobberin. Julia Mantel studierte Angewandte Kulturwissenschaften in Lüneburg und gründete 2005 das Konzeptlabel »Unvermittelbar» . Sie ist Gründungsmitglied des Frankfurter Dichterkollektivs »Salon Fluchtentier» und seit 2020 stellvertretende Vorsitzende des Hessischen Schriftstellerverbandes (VS). Julia Mantel veröffentlichte fünf Lyrikbände, zuletzt 2024 »Autobiographie einer Bisswunde» (Edition Michael Kellner).
“Du bist
die Frau
meiner Träume”,
schickst Du mir
rüber
glaube mir,
von nun
an schäume
ich einfach
über.
Herausgegeben von Beate Tröger
Redaktion: Björn Jager und Christian Dinger
Zu bestellen unter literaturbote@hlfm.de
Mittwochmittag
12.30h bis 12.55h
Gespräch mit Anne Harres
über HORCHDOCHLORCH
Halle 3.1
am Stand D99
Die Lage der Welt
ist schlecht
aus unseren Köpfen
zu verbannen.
“Schalte bitte sofort um,
die Nachrichten kommen,”
sagen die Geschwister
beim gemeinsamen
TV-Gucken.
Es gilt vor allem
meine Neffen
zu schützen und
zu verschonen.
Noch wohnen wir.
Aber ich kann
gar nicht
so viel
Yoga machen,
wie ich
kotzen möchte.
War es
jemals
besser?
Die Irren
an der Macht
scheinen auf
jeden Fall
gegen
alles immun,
egal
was sie tun.
“Zwölf Gedichte nur, aber jedes haut rein. Irgendwie schafft es Julia, kleine, fiese, pointierte Kurzgeschichten in
Gedichtform zu schreiben, in denen oft Alltägliches ins Surreale kippt, oder in ein Augenzwinkern oder eine Verzweiflung an der Welt.”
Gerrit Wustmann
Julia Mantel, Autobiographie einer Bisswunde
Gedichte, 16 S., 5 Euro
Bestellen per Mail an:
spatzen@gmx.info
Photos: Leoni Hirsch
er erfährt.
er fährt.
er fährt weg.
er fährt den weg.
er ist nicht gefährlich.
er ist ein weggefährte.