Facebook-Post von Martin Piekar

Heute gibt’s ne Weihnachtsgeschenk-Empfehlung: für alle Unentschlossen, Narren, Liebhaberinnen.
Julia Mantel - Wenn du eigentlich denkst, die Karibik steht Dir zu.
Lyrik vom Feinsten (nicht vom Feisten) aus Frankfurt, mit Witz und Lakonie, mit Beiläufigkeit, Sprachspiel, Lautstärke und immer auf Zack.
Was ich an Julias Lyrik mag, ist ein Herauskommen in der Sprache. Da tritt etwas heraus aus dem Sprechen einer Person, das gleichzeitig Sprachspiel und Realität ist. Da sind die Kalauer und die Schenkelklopfer aber auch die tiefen Bekenntnisse und Offenbarungen über sich selbst. Ich empfinde diese Mische als heilsam, denn sie macht mich begreifen, dass meine Fähigkeit über mich zu lachen tief verwurzelt ist mit meiner kritischen Selbstbetrachtung. Und dabei konnte es nichts frankfurterisches und direkteres geben als Julia Mantels Sprache: direkt und doch verspielt. Die Sprache will etwas tief Menschliches vermitteln - auf der Straße mit nem Bier, per WhatsApp oder doch als Prime Sendung via Jeff Bezos…
Gerade im ersten Kapitel des Buches traut sich Julia Mantel an längere Texte. Ansonsten in kurzen Pointen beheimatet, tritt sie aus der Komfortzone in den Kreis der Kritik und erinnert sich, “wie wir immer so zu Rio geweint haben” - schöner Titel und melancholische Einstimmung auf die Wut, die Verzweiflung, die immer im Wortwitz, im Kalauer Mantels mitschwimmen.
Ich kann mir vorstellen, dieses Buch genauso inner Kneipe, inner Bibliothek oder auf’m Klo zu lesen. Als hätte es kein unpassenden setting. Chapeau Julia Mantel, Chabo, Frankfurter Schule.
Erschienen in der Edition Faust, 2021. Bäm

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