Faust-Kultur

Das Wort Lakonie leitet sich von den Lakoniern ab, die in der Antike im östlichen Süden des Peloponnes zu Hause waren. Nach ihrem Zentrum, dem Stadtstaat Sparta, werden sie gerne pauschal Spartaner genannt. Ihre unsentimentale, mitleidlose Haltung und ihre verknappte Ausdrucksweise wurden uns später als literarischer Stil überliefert. Julia Mantel, zu Füßen des Taunus aufgewachsen, pflegt in ihren Gedichten diese Lakonie, die sie mit Wortspielen und –umdeutungen zu einem Personalstil formt. Dabei bekleidet der aphoristische Tonfall oft den melancholischen Kern der Aussage, wie in „strandnotiz 2004“: bis zum horizont/ legt sich das meer/ in dauerwellen/und auch ich/ befände mich gern/ unter der haube. Julia Mantel ist das Epische fremd. Ihre Gedichte sind gesammelte Augenblicke, die mit reduziertem Vokabular Einblicke in eine Befindlichkeit zwischen den Gewissheiten erlauben. Und selbst, wenn sie sich ganz dem Bedeutungsspiel der Worte überlässt, ist ihr Zugriff darauf von der eigenen Erfahrung geleitet: Von Hoffnung und Verzweiflung erzählen ihre zusammengesteckten Notate, auch wenn das Ich fehlt. Und doch kommen sie so undramatisch und trügerisch leicht daher, dass der Widerspruch zwischen Form und Inhalt selbst als poetische Aussage mitgelesen werden muss. Lakonie ist eben nicht nur spartanisch. Bernd Leukert

Comments are closed.